Wie man sicher stellt, dass der Nachlass an die Falschen gerät

(Von StB Anita Lehmacher, Königswinter, und RA Franz M Große-Wilde, Bonn, (12/2002))

Das Beispiel
Fritz Flick (55 J.) ist Inhaber eines Maschinenbauunternehmens (Einzelfirma). Er ist verheiratet mit Claudia Flick, geb. Schiffer (39 J.) und hat 4 Kinder, zwei volljährige Töchter (21 J. und 24 J.) und zwei minderjährige Söhne (11 J. und 10 J.). Finanziell geht es ihm gut. Der Verkehrswert (VW) seines Betriebes einschließlich dazugehörigem Grundbesitz liegt schuldenbereinigt bei 2 Mio. €., der Bilanzwert bei 1 Mio. €. Fritz Flick ist privat (Allein-) Eigentümer eines von der Familie bewohnten Einfamilienhauses (VW 0,5 Mio. €). Außerdem hat er vor wenigen Jahren ein vermietetes Mehrfamilienhaus (VW 1,5 Mio. €) (allein) erworben. Hier besteht noch eine Restschuld von 0,5 Mio. €. Er hat mit seiner Frau zusammen ein Wertpapierdepot über 200.000 € Mit seiner Frau hat er einen Ehevertrag geschlossen und Gütertrennung vereinbart.

Fritz Flick stirbt im Juli 2001 plötzlich an Herzversagen. Ein Testament hat er nicht errichtet, obwohl ihn seine Frau und sein Steuerberater häufig darauf angesprochen haben („Das hat Zeit“).

Die Folgen für die Beteiligten
Es tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Die Ehefrau erbt in diesem Fall ¼ des Nachlasses, die 4 Kinder erhalten je 3/16. Hätten die Eheleute nicht Gütertrennung vereinbart, so hätte Frau Flick ½ und die Kinder jeweils 1/8 erhalten. Die Erben bilden eine Erbengemeinschaft, d. h. Claudia Flick und ihre Kinder bilden eine Gemeinschaft. Das gesamte Vermögen und der Betrieb geht auf diese Erbengemeinschaft über. Für die beiden jüngsten Kinder muss die Claudia Flick als Sorgeberechtigte die Verwaltung des Vermögens durchführen. Besonders unpraktisch ist, dass die Veräußerung von Grundstücken, die Aufnahme von Darlehen und die Eingehung von Verpflichtungen der Zustimmung des Vormundschaftsgerichtes bedürfen. Davon sind auch alle betrieblichen Maßnahmen betroffen. Die älteren Kinder sind am Betrieb nicht interessiert und wollen alles umgehend verkaufen. Claudia Flick fühlt sich von den Ereignissen völlig überrollt. Das Unternehmen, das stark auf den Inhaber ausgerichtet war, verfügt über keine leitenden Mitarbeiter. Die Erbengemeinschaft muss das Unternehmen fortführen, wobei alle Maßnahmen im Wege der Mehrheitsentscheidung zu beschließen sind. Dies bringt erhebliche Schwierigkeiten mit sich, insbesondere wenn einzelne Miterben die Mitwirkung verweigern. Wer im Betrieb das Sagen hat, ist für die Mitarbeiter kaum noch nachzuvollziehen. Die Motivation geht verloren. Mit dem Unternehmen geht es bergab. Mit viel Glück können Betrieb und Miethaus nach 1 ½ Jahren mit 20 % unter Verkehrswert verkauft werden.

Claudia Flick erhält das Einfamilienhaus und 225.000 € aus dem Nachlass, die Kinder je 540.000 €. Das Finanzamt erhält von den Kindern insgesamt 53.000 €. Mit dem Nachlass kann sich Claudia Flick finanziell nur kurz über Wasser halten. In einigen Jahren muss das Haus auch verkauft werden.

Was man besser machen kann
Erforderlich ist wenigstens ein Testament, wobei eine möglichst klare Regelung wünschenswert ist. Noch besser ist natürlich eine rechtzeitige Nachfolgeregelung zu Lebzeiten. Notwendig ist auch, etwa alle 5 Jahre die familiäre und betriebliche Situation auf Veränderungen zu prüfen. Sinnvoll ist weiter die Vorbereitung eines Vertreters im Unternehmen. Ist kein Nachfolger aus der Familie vorhanden, muss das Unternehmen meist an Dritte veräußert werden. Dies sollte aber nicht unter Zeitdruck abgewickelt werden, weil dies den Kaufpreis drückt. Die minderjährigen Kinder müssen in jedem Fall aus der Leitung des Betriebes herausgehalten werden. Dies kann durch Einsatz eines Testamentsvollstreckers erreicht werden, der aber die Befugnis haben sollte, das Unternehmen umgehend in eine Kapitalgesellschaft umzuwandeln.

Die Variante (falsches Testament)
Fritz Flick hat mit seiner Frau gemeinsam ein Testament gemacht, in dem der Längstlebende (hier seine Frau) als Alleinerbe eingesetzt ist und die vier Kinder den gemeinsamen Nachlass nach dem Tode der Frau erben sollen („Berliner Testament“). Das ist schon besser als nichts. Aber das häufig gewählte Berliner Testament ist eine ausgesprochen staatsfreundliche Gestaltung, denn hier sitzt das Finanzamt als stiller Teilhaber immer mit am Tisch. Der Betrieb geht mit 1 Mio. €, die privaten Grundstücke unter Berücksichtigung der Schulden mit 800.000 €, das Wertpapierdepot mit 100.000 € in die Berechnung ein. Claudia Flick muss nach Abzug der Freibeträge von 307.000 € und 256.000 € noch 1.337. 000 € mit 19 % versteuern = 254.030 €. Und dann können die Kinder noch Ihren Pflichtteil verlangen, was für die Liquidität in der Regel eine Katastrophe ist.

Beim zweiten Erbfall 30 Jahre später auf die Kinder wird nochmals Erbschaftsteuer fällig. Bei einem Steuerwert von 1,85 Mio. € entfällt auf jedes Kind ein Wert von 462.500 €. Nach Abzug des Freibetrages von 205.000 € müssen noch 257.500 € versteuert werden. Es fallen 28.910 € Steuer an. Für alle vier sind das 115.640 €. Der Finanzamt sitzt also mit rund 370.000 € mit am Tisch.

Was man besser machen kann
Man sollte schon beim ersten Erbfall die Kinder vorsichtig einbeziehen und auf Gütertrennung verzichten. Man könnte Betrieb und Mehrfamilienhaus den Kindern direkt übertragen und der Ehefrau den Nießbrauch hieran. Beim Einfamilienhaus sollte die Ehefrau als befreite Vorerbin und die Kinder als Nacherben eingesetzt werden. Für das Barvermögen sollte die Ehefrau Alleinerbin werden. Damit wären Pflichtteilsansprüche verhindert, die praktischen Auswirkungen aber vergleichbar. Die Steuerlast würde beim ersten Erbfall deutlich reduziert. Claudia Flick müsste nur noch 77.000 € abführen. Auf die Kinder entfallen je nach Alter ca. 14.000 bis 18.000 €, die bis zum Tod der Mutter gestundet sind. Beim zweiten Erbfall fällt keine weitere Steuer an.

Aber: Jeder Fall ist anders. Für optimierte Lösungen Ihrer Gestaltung fragen Sie uns.